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Erbrecht | Immobilienrecht | Zwangsversteigerungsrecht

Erbvertrag

Der Erbvertrag ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das es zumindest einem Erblasser ermöglicht, zu Gunsten des anderen Vertragsschließenden oder eines am Vertragsschluss unbeteiligten Dritten erbrechtlich bindende Anordnungen zu treffen. Wenn beide Vertragspartner als Erblasser vertragsmäßig bindend verfügen, spricht man von einem zweiseitigen oder gemeinschaftlichen Erbvertrag. Der Erbvertrag ist die einzige Rechtsform, in der auch nicht miteinander Verheiratete gemeinsam und mit bindender Wirkung verfügen können. Der Abschluss eines Erbvertrages empfiehlt sich in diesen Fällen vor allem dann, wenn gemeinsam Vermögen gebildet wird, z.B. in der Form von Grundvermögen oder durch Aufbau eines Erwerbsgeschäfts.

Der Erbvertrag ist wie das Testament eine Verfügung von Todes wegen. Er wirkt nur erbrechtlich, kann also zu Lebzeiten des jeweiligen Erblassers keine Rechte und Pflichten begründen. Als echter Vertrag entfaltet er Bindungswirkung, die im Gegensatz zum gemeinschaftlichen Testament sofort eintritt.

Gemeinschaftliches Testament

Ehegatten wird ein wichtiges Formprivileg eingeräumt, welches ihnen erlaubt, ihre Verhältnisse für den Todesfall durch eine gemeinschaftliche Verfügung zu regeln. Mit dem gemeinschaftlichen Testament wird den Eheleuten auch ein Mittel an die Hand gegeben, solchen Verfügungen, die ein Erblasser mit Rücksicht auf die Verfügungen des anderen getroffen hat, und die daher von ihnen abhängig sind, in der Weise einen bindenden Charakter zu verleihen, dass sie sich gegenseitig in ihrer Wirksamkeit bedingen, zu Lebzeiten beider Ehegatten ohne das Wissen des anderen nicht geändert und nach dem Tod des anderen grundsätzlich nicht mehr aufgehoben werden können.

Anfechtung von Testamenten

Im Erbrecht ist die Anfechtung von Verfügungen von Todes wegen gegenüber dem Schuld- und Sachenrecht erheblich erweitert und modifiziert. Nach § 2078 Abs. 1 BGB kann eine letztwillige Verfügung angefochten werden. Gemeint ist damit das Testament als Ganzes. Die Anfechtung erfasst die im Testament enthaltene einzelne Verfügung des Erblassers. Anfechtbar sind grundsätzlich alle Zuwendungen und Anordnungen, die in der Verfügung von Todes wegen enthalten sein können; so z.B. die Erbeinsetzung und die Enterbung, die Zuwendung eines Vermächtnisses sowie die Begünstigung durch eine Auflage.

Anfechtungsgründe sind:

  • der Erklärungs- und Inhaltsirrtum (§ 2078 Abs. 1 BGB),
  • die widerrechtliche Drohung (§ 2078 Abs. 2 BGB),
  • Irrtum im Beweggrund, also Motivirrtum (§ 2078 Abs. 2 BGB),
  • Übergehen eines zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten, dessen Vorhandensein bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung geboren oder pflichtteilsberechtigt geworden ist ( § 2079 BGB).

Auslegung von Testamenten

Die Auslegung letztwilliger Verfügungen gehört zu den schwierigsten Aufgaben im Erbrecht. Lässt der Inhalt einer letztwilligen Verfügung des Erblassers verschiedene Auslegungen zu, so ist nach § 2084 BGB im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen, bei welcher die Verfügung auch Erfolg haben kann. Maßgeblich ist der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers. Allein auf den von ihm erstrebten Erfolg kommt es an. Es gibt zahlreiche Auslegungs- und Ergänzungsvorschriften, die eine Richtschnur dafür geben, in welchem Umfang der Erblasserwille vor der Abfassung des Testaments aufgeklärt und anschließend in der Verfügung niedergelegt werden sollte.

Widerruf von Testamenten

Die Testierfreiheit beinhaltet auch das Recht des Erblassers, ein einseitiges Testament oder einzelne Anordnungen darin jederzeit zu widerrufen oder zu ändern. Der Widerruf eines Testaments ist ebenfalls eine letztwillige Verfügung, weshalb seine Ausübung ebenfalls die Testierfähigkeit des Widerrufenden voraussetzt.

Das Gesetz kennt verschiedene Arten des Widerrufs:

  • das Widerrufstestament,
  • Widerruf durch Veränderung oder Vernichtung des vorhandenen Testaments,
  • Rücknahme eines notariellen Testaments aus der amtlichen Verwahrung,
  • Errichtung eines abändernden, widersprechenden Testaments.

Testament

Die Testierfreiheit gibt dem Erblasser die Möglichkeit, seinen Nachlass dem von ihm gewünschten Personenkreis zukommen zu lassen. Der Erblasser kann selbst einen Erben bestimmen, kann aber auch andere letztwillige Verfügungen treffen, wie z.B. eine Enterbung , ein Vermächtnis, eine Auflage. Die strengen Formvorschriften sind zu beachten. Einerseits finden sich im Gesetz Regeln, die die Testierfreiheit sichern. Andererseits wird sie durch die strengen und konsequenten Vorschriften des Pflichtteilsrechts gemäß §§ 2303 ff. BGB zur Wahrung der Rechte engster Angehöriger beschränkt.

Nach § 2259 Abs. 1 BGB ist jeder, der ein Testament in Besitz hat, das nicht in besondere amtliche Verwahrung gegeben worden ist, verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tod des Erblassers Kenntnis erlangt hat, an das Nachlassgericht abzuliefern. Abzuliefern ist die Urschrift. Sind mehrere, auch gleichlautende Urschriften vorhanden, sind sie allesamt abzuliefern. Ist die Urschrift verlorengegangen, dann unterliegt die beglaubigte Abschrift der Überlieferung.

Die abgelieferten Testamente werden eröffnet. Dadurch soll beim Tod einer Person im Interesse aller Beteiligten Gewissheit darüber geschaffen werden, ob und in welcher Weise der Erblasser seine erbrechtlichen Verhältnisse abweichend von der gesetzlichen Erbfolge geregelt hat. Das Eröffnungsverfahren hat keinerlei Einfluss auf die Gültigkeit des Testaments.

Testierfreiheit

Die Testierfreiheit erlaubt es dem Erblasser, durch seine eigene Erbregelung für die Zeit nach seinem Tod eine aus seiner Sicht angemessene und gerechte Vermögensverteilung zu bewirken. Sie äußert sich im Vorrang der gewillkürten vor der gesetzlichen Erbfolge. Die ihr zur Verfügung stehenden Mittel sind in inhaltlicher Hinsicht u.a. folgende Anordnungen:

  • Einsetzung eines oder mehrerer Erben (§ 1937 BGB);
  • Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge (§1938 BGB);
  • Vermächtnis und Auflage (§§ 1939, 1940 BGB);
  • Anordnungen bezüglich der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft (§§ 2044, 2048 BGB);
  • Anordnung der Testamentsvollstreckung, Bestimmung des Testamentsvollstreckers und Festlegung seiner Befugnisse sowie seiner Vergütung (§§ 2197, 2207 ff., 2201, 2222 ff. BGB);
  • Anordnungen bezüglich der Pflichtteilslast sowie die Entziehung oder Beschränkung des Pflichtteilsrechts (§§ 2324, 2333 ff. BGB).

Als Arten der Verfügungen von Todes wegen stehen zur Verfügung:

  • das Testament als einseitige Verfügung von Todes wegen (gleichbedeutend mit letztwilliger Verfügung, § 1937 BGB),
  • das gemeinschaftliche Testament, welches nur von Ehegatten errichtet werden kann (§ 2265 BGB),
  • der Erbvertrag als Vertrag mit erbrechtlicher Wirkung (§ 1941 BGB), bei dem sowohl beide Vertragspartner, als auch nur einer als Erblasser handeln können.

Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten

Dem Ehegatten des Erblassers steht ebenfalls ein gesetzliches Erbrecht zu, obwohl er nicht mit ihm verwandt ist. Der Umfang dieses gesetzlichen Erbrechts richtet sich zum einen danach, zu welcher Ordnung die neben ihm zur Erbfolge berufenen Verwandten gehören und zum anderen danach, in welchem Güterstand der überlebende Ehegatte mit dem Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalls gelebt hat. Zweck des gesetzlichen Erbrechtes ist es, den Zugewinn in der Ehe auszugleichen und die Versorgung des Ehegatten sicherzustellen.

Neben dem gesetzlichen Erbrecht erhält der überlebende Ehegatte den Voraus gemäß §1932 BGB. Neben den Verwandten der ersten und zweiten Ordnung gebühren ihm bestimmte, zum Haushalt gehörende Gegenstände.

Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge kommt nur dann zum Zuge, wenn und soweit der Erblasser nicht oder nicht wirksam von Todes wegen verfügt hat.

Die gesetzlichen Erben sind die Verwandten des Erblassers und sein Ehegatte. Dabei erben nicht alle Verwandten, sondern die näheren Verwandten des Erblassers erhalten den Vorrang vor den weiter entfernten Verwandten. Dieses folgt aus der gesetzlichen Erbfolge nach Ordnungen. Dabei bilden die Abkömmlinge des Erblassers (seine Kinder, deren Kinder und Enkelkinder) die erste Ordnung. Die zweite Ordnung besteht aus den Eltern des Erblassers und deren Abkömmlingen, während die dritte Ordnung die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge umfasst. Die jeweils dem Erblasser nähere Ordnung schließt dabei entferntere Ordnungen von der Erbfolge aus. Das bedeutet, dass die Verwandten einer entfernteren Ordnung dann nicht als gesetzliche Erben berufen sind, wenn zur Zeit des Erbfalls auch nur ein Verwandter einer vorrangigen Ordnung lebt.

Daneben tritt die Erbfolge nach Stämmen. Gesetzlich werden jeweils diejenigen Abkömmlinge zu einem Stamm zusammengefasst, die durch ein und denselben Abkömmling mit dem Erblasser verwandt sind. Die Erbfolge nach Stämmen bedeutet, dass das Erbrecht innerhalb ein und derselben Ordnung auf die verschiedenen Stämme aufgeteilt wird.

Verfassungsrechtlicher Schutz

Das private Erbrecht und die Grundprinzipien des Familienerbrechts und der Testierfreiheit sind durch Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich abgesichert und in seinem Bestand geschützt. Das Recht, Vermögen zu vererben, bzw. es im Wege des Erbgangs zu erlangen, gehört zu den ältesten Rechtsüberzeugungen.

Neben der gesetzlichen Erbfolge garantiert die Testierfreiheit, dass der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag die Erbfolge gestalten kann.