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Erbrecht | Immobilienrecht | Zwangsversteigerungsrecht

Geringstes Gebot

Die wichtigste Grundlage für die Zwangsversteigerung ist das geringste Gebot. Dieses ist das Mindestgebot, das auf keinen Fall unterschritten werden darf. Es wird nur ein solches Gebot zugelassen, bei dem neben den Verfahrenskosten alle Rechte, die dem Recht des betreibenden Gläubigers vorgehen, gedeckt sind. Bei mehreren betreibenden Gläubigern ist derjenige mit dem besseren Rang maßgebend. Das geringste Gebot hat zwei Teile:

  • den Barteil (Mindestbargebot); dies ist der Betrag, der mindestens geboten und im Fall des Zuschlags bar gezahlt werden muss,
  • die bestehen bleibenden Rechte, die vom Ersteher zu übernehmen sind.

Im Versteigerungstermin geboten wird immer nur der Teil, der bar zu zahlen ist (Bargebot). Will man den wirtschaftlichen Wert, also den tatsächlichen Preis für das Versteigerungsobjekt ermitteln, müssen immer die bestehen bleibenden Rechte dem Gebot hinzugerechnet werden.

Da sich das geringste Gebot nach der Rangfolge der Ansprüche richtet, kann es im Laufe des Versteigerungsverfahrens mehrfach zu Änderungen kommen. So ermäßigt sich das geringste Gebot, wenn ein neuer Gläubiger beitritt und dann aus dem besseren Rang betreibt. Es kann sich umgekehrt auch erhöhen, wenn der zunächst bestrangig betreibende Gläubiger durch Einstellung oder Aufhebung seines Verfahrens ausfällt.

Bekanntmachungsteil

Der Bekanntmachungsteil dient der Vorbereitung der eigentlichen Versteigerung, in dem die gesetzlich vorgeschriebenen Bekanntmachungen erfolgen.
Die wichtigsten Punkte sind hier die Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen.

Notwendige Anmeldungen können spätestens noch im Bekanntmachungsteil erfolgen. Dieser endet mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten.
Damit beginnt der nächste Teil, die Bietstunde.

Anmeldung von Rechten

Forderungen, die bei Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, müssen rechtzeitig angemeldet werden. Andernfalls werden diese nicht oder nur nachrangig berücksichtigt. Aber auch bezüglich der aus dem Grundbuch ersichtlichen Rechte müssen bestimmte Nebenforderungen angemeldet werden, weil sonst lediglich die Hauptsumme und die laufenden wiederkehrenden Leistungen berücksichtigt werden. Zu nennen sind insbesondere Kosten der Kündigung und der dinglichen Rechtsverfolgung, Ansprüche auf rückständige wiederkehrende Leistungen, nicht eingetragene Verzugs- und Prozesszinsen.

In der Forderungsanmeldung müssen Rechtsgrund und Rang der Forderung sowie die Höhe des verlangten Betrages bezeichnet sein. Insbesondere soll klargestellt sein, ob aus einer persönlichen Forderung oder einem dinglichen Recht vorgegangen wird.

Versteigerungstermin

Der Versteigerungstermin gliedert sich in drei Teile:

  • den Bekanntmachungsteil,
  • die Bietstunde,
  • die Verhandlung über den Zuschlag.

Ablösung des betreibenden Gläubigers

Wer Gefahr läuft, durch die Zwangsversteigerung ein Recht oder den Besitz an dem Grundstück zu verlieren, ist unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, den vollstreckenden Gläubiger zu befriedigen. Die Ablösung soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, sich das Grundstück als Haftungsobjekt bzw. als Gegenstand seines Besitzes zu erhalten. Der Gläubiger kann die Zahlung nicht ablehnen, der Schuldner sie durch einen Widerspruch nicht verhindern. Ablösungsberechtigt sind insbesondere:

  • der Eigentümer und der Miteigentümer,
  • jeder an dem Grundstück dinglich Berechtigte, auch der Inhaber einer Auflassungsvormerkung, die nicht in das geringste Gebot fällt,
  • der persönlich betreibende Gläubiger, der nicht in das geringste Gebot fällt,
  • Mieter und Pächter,
  • Inhaber von Rechten, die der Versteigerung entgegenstehen und auch als solche angemeldet sind.

Voraussetzung ist, dass das Recht des Ablösenden durch die Zwangsvollstreckung des abzulösenden Gläubigers gefährdet ist. Nicht ablösungsberechtigt sind folglich der persönliche Schuldner und die Bietinteressenten. Allerdings können sie ein kleines Recht am Grundstück in aussichtsloser Rangstelle relativ billig von dem betreffenden Gläubiger erwerben und auf diese Weise als Beteiligte ablösungsberechtigt werden.

Die Ablösung erfolgt durch Zahlung des geschuldeten Betrags entweder an den abzulösenden Gläubiger selbst oder an das Vollstreckungsgericht (§ 75 ZVG).

Die abgelöste Forderung erlischt nicht, sondern geht automatisch mit allen Nebenrechten auf den Ablösenden über. Der Ablösende erwirbt also auch das Grundpfandrecht, allerdings nur insoweit, als nicht schon vorher in Folge (teilweiser) Tilgung ein Eigentümerrecht oder Rückgewähranspruch entstanden ist. Ferner erlangt der Ablösende die Rechtsstellung des abgelösten Gläubigers im Verfahren, d.h. die zugunsten des Gläubigers getroffenen Entscheidungen wie Anordnung der Zwangsversteigerung, Zulassung des Beitritts gelten jetzt für den Ablösenden fort. Zuvor sind allerdings die Umschreibung des Titels auf den neuen Gläubiger und erneute Zustellung an den Schuldner erforderlich, es sei denn, die Ablösung erfolgt im Termin.

Die Ablösung ist insbesondere für nachrangige Gläubiger ein geeignetes Mittel, im Versteigerungsverfahren eine günstige Position zu erlangen. Sie lohnt sich aber meist nur, wenn es auf diese Weise gelingt, die Stellung des bestrangig betreibenden Gläubigers einzunehmen. Allerdings ist vor den Gefahren zu warnen, die bei der Ablösung aus rein verfahrenstaktischen Gründen auftreten können. Zunächst einmal ist die Ablösung ein Zuschussgeschäft.

Rangordnung der Rechte

Nicht jeder Beteiligte ist berechtigt, aus dem Versteigerungserlös des Grundstücks auch befriedigt zu werden. Ob und inwieweit eine solche Befriedigung möglich ist, richtet sich nach der in § 10 ZVG genannten Rangordnung. Die verschiedenen Gläubiger erhalten also nicht wie etwa im Insolvenzverfahren prozentual gleiche Quoten auf ihre Forderungen. Vielmehr wird der jeweils rangbessere Gläubiger voll befriedigt, bevor der nächste in der Rangfolge sein Geld erhält.

In welcher Rangklasse die Rechte in ein und derselben Klasse zu bedienen sind, ist in § 11 ZVG im einzelnen geregelt.

Rechte der Beteiligten

Mit der Stellung als Beteiligter sind zahlreiche Verfahrensrechte verbunden. Dieser Gestaltungsmöglichkeit begibt sich derjenige, der seine anmeldebedürftige Berechtigung trotz Aufforderung durch das Gericht in der Terminsbestimmung nicht rechtzeitig anmeldet.

Beteiligte

Am Zwangsversteigerungsverfahren beteiligt sind neben dem Schuldner und dem betreibenden Gläubiger alle Personen, die Ansprüche gegen den Schuldner oder Rechte an dem Grundstück haben. Im einzelnen ist der Kreis der Beteiligten in § 9 ZVG genannt. Bei einigen ist eine Anmeldung der Rechte erforderlich.

Bestimmung des Versteigerungstermins

Das Gericht beraumt den Zwangsversteigerungstermin im allgemeinen erst an, wenn

  • der Anordnungsbeschluss zugestellt ist,
  • der Grundbuchauszug vorliegt,
  • keine entgegenstehenden Rechte ersichtlich oder angemeldet sind,
  • die Zweiwochenfrist für einen Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners abgelaufen ist und
  • der Verkehrswert festgesetzt ist, jedenfalls das Gutachten des Sachverständigen vorliegt.

Neben Zeit und Ort des Termins gehört zum zwingenden Inhalt auch die Aufforderung zur Anmeldung von Rechten und zur Geltendmachung von entgegenstehenden Rechten. Die Terminsbestimmung ist mindestens sechs Wochen vor dem Termin in dem amtlichen Bekanntmachungsblatt öffentlich bekannt zu machen. Darüber hinaus erfolgt die Bekanntmachung regelmäßig auch in der Tagespresse und im Internet. Die Nichteinhaltung der Sechswochenfrist für die öffentliche Bekanntmachung im amtlichen Bekanntmachungsblatt stellt ein nicht behebbares Verfahrenshindernis dar und führt zur Terminsaufhebung bzw. Zuschlagsversagung.Über die Bekanntmachung hinaus ist die Terminsbestimmung spätestens vier Wochen zuvor den Beteiligten zuzustellen.

In der vierten Woche vor dem Termin soll das Gericht allen Beteiligten mitteilen, auf wessen Antrag und wegen welcher Forderungen die Versteigerung erfolgt. Sinn dieser Vorschrift ist, dass alle Beteiligten sich über die Berechnung des geringsten Gebots Klarheit verschaffen können.

Aufhebung des Verfahrens

Das Versteigerungsverfahren ist vor allem in folgenden Fällen aufzuheben:

  • Der Gläubiger hat einen Versteigerungsantrag zurückgenommen oder zum dritten Mal die einstweilige Einstellung des Verfahrens bewilligt oder nach
  • einer einstweiligen Einstellung nicht rechtzeitig die Fortsetzung des Verfahrens beantragt.
  • Aus dem Grundbuch sind Rechte ersichtlich, die der Zwangsversteigerung entgegenstehen, z.B. ein Eigentumswechsel vor Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks aufgrund einer Auflassungsvormerkung.
  • Es liegt auch im zweiten Versteigerungstermin kein zulässiges Gebot vor.

Einstellung des Verfahrens

Mit der Anordnung der Zwangsversteigerung nimmt das Schicksal für den Schuldner nicht unaufhaltsam seinen Lauf. Vielmehr kann das Versteigerungs-verfahren in verschiedenen Verfahrensstadien einstweilen eingestellt oder gänzlich aufgehoben werden.

Einstweilige Einstellung bedeutet, dass das Verfahren zu einem vorübergehenden Stillstand kommt, während dieses bei einer Aufhebung des Verfahrens endgültig beendet ist. Dabei erfolgt die Aufhebung von Amts wegen, die einstweilige Einstellung dagegen nur auf Bewilligung bzw. auf Antrag, wobei häufig die Einhaltung von Fristen zu beachten ist.

Das Verfahren muss einstweilen eingestellt werden, wenn der Gläubiger die Einstellung des Verfahrens oder die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt. Der Gläubiger kann jederzeit ohne Angabe von Gründen die Fortsetzung des Verfahrens beantragen. Allerdings ist dies nur binnen einer Frist von sechs Monaten möglich. Erfolgt der Fortsetzungsantrag nicht fristgerecht, ist das Verfahren aufgehoben.

Der Gläubiger kann die Einstellung des Verfahrens wiederholt bewilligen, muss aber beachten, dass die dritte Bewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrages gilt und dann das diesen Gläubiger betreffende Einzelverfahren aufgehoben werden muss.

Zu beachten ist, dass die mehrfache Bewilligung der einstweiligen Einstellung durch den Gläubiger unter besonderen Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein kann.

Für den Schuldner besteht insbesondere die Möglichkeit, die einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens gemäß § 30a Abs. 1 ZVG zu beantragen. Nach dieser Vorschrift kann das Zwangsversteigerungsverfahren auf die Dauer von höchstens sechs Monaten eingestellt werden, wenn Aussicht besteht, dass dadurch die Versteigerung des Objekts vermieden wird, und die Verfahrenseinstellung der Billigkeit entspricht. Der Schuldner kann den Antrag nur binnen zwei Wochen ab Zustellung der Belehrung über die Einstellungsmöglichkeit stellen. Die Belehrung erhält er in der Regel mit dem Beschluss über die Anordnung der Zwangsversteigerung.

Neben dem Antrag nach § 30a ZVG kann für den Schuldner auch eine einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nach § 765 a ZPO in Betracht kommen. Danach kann das Vollstreckungsgericht das Zwangsversteigerungsverfahren einstweilen einstellen oder ganz aufheben, wenn die Versteigerung unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.

Im Falle eines Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter nunmehr unter erleichterten Voraussetzungen die einstweilige Einstellung im laufenden Zwangsversteigerungsverfahren beantragen.